Die richtige Lösung

Wendelin Eberle von Rieger Orgelbau zur neuen Königin-Katharina-Orgel

Die Schlosskirche im Alten Stuttgarter Schloss bekommt eine neue Orgel: die Königin-Katharina-Orgel. Die Firma Rieger Orgelbau aus Österreich ist mit dem Bau beauftragt. Was die besonderen Herausforderungen dieses Orgelbaus sind und wie die Firma Rieger sie zu lösen gedenkt, darüber hat sich Ulrike Albrecht mit Firmenchef Wendelin Eberle unterhalten. 

Vier Orgelbaufirmen haben sich an der Ausschreibung für den Bau der Königin-Katharina-Orgel in der Schlosskirche im Alten Schloss beteiligt. Ihre Firma Rieger hat den Zuschlag bekommen. Was war es, was die Orgelkommission und den Gesamtkirchengemeinderat letztlich von Ihrem Entwurf überzeugt hat?

Was letztlich den Ausschlag für die Entscheidung gegeben hat, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Wir hatten – wie wohl unsere Kollegen auch – Gelegenheit, das von uns ausgearbeitete Projekt persönlich der Orgelkommission vorzustellen. Das war uns sehr wichtig, denn dadurch konnten wir unsere Gedanken ausführlich erläutern und unmittelbar auf Rückfragen eingehen, was bei einem derartig herausfordernden Projekt ganz wesentlich ist. In der Stellungnahme, die wir später erhalten haben, war lediglich zu lesen, dass unser Gesamtkonzept überzeugt hätte und die Kommission deshalb gerne das Projekt mit uns weiterverfolgen würde.  

Wo liegen die besonderen Herausforderungen für diesen Orgelbau in der denkmalgeschützten Schlosskirche? 

Die größte Herausforderung ist wohl, alle Belange unter ‚einen Hut‘ zu bringen. Da ist zum einen die architektonische Sensibilität des denkmalgeschützten Raums, was natürlich einen unmittelbaren Einfluss auf die Gestaltung der Orgelfassade, aber auch auf die Masseverteilung im Raum hat. Dann sind da die Wünsche und Vorstellungen der Musiker an die neue Orgel, die sich naturgemäß und richtigerweise in erster Linie an künstlerischen und spielpraktischen Gesichtspunkten orientieren. Dann gibt es noch das Wissen um die beschränkt belastbare Orgelempore, die eine möglichst großflächige und gleichmäßige Gewichtsverteilung bedingt; und, zu guter Letzt, unser eigener Anspruch, ein klanglich und technisch hervorragendes Instrument zu bauen, das die Zuhörer und Zuhörerinnen in seinen Bann zieht.

Durch die räumliche Situation und die gewünschte Disposition sind ja schon viele Parameter des Instruments vorgegeben. Wo bleiben da die kreativen Spielräume für den Orgelbauer? 

In der Tat liegt die Kreativität in einem solchen Fall nicht darin, einen einzigartigen Orgelprospekt zu entwerfen, oder sonst irgendwie die Orgel der Superlative zu konzipieren. Aber glauben Sie mir, es bedarf nicht weniger Kreativität, unter den von Ihnen genannten mehr oder weniger festen Vorgaben die klanglich und technisch bestmögliche Lösung zu finden! Das ist oft für den Orgelbauer herausfordernder und anspruchsvoller, wie wenn er aus dem Vollen schöpfen kann. Das macht aber auch den ganz besonderen Reiz eines solchen Projekts aus. Hier gibt es nicht die eine oder andere Lösung... hier gibt es nur die Richtige! 

Wie ist die Königin-Katharina-Orgel konzipiert? 

In Bezug auf das klangliche und gestalterische Konzept orientiert sie sich an der 1944 durch einen Brand zerstörten Walcker-Orgel von 1865. Es geht dabei aber keinesfalls darum, ein Kopie dieser Orgel herzustellen, sondern vielmehr darum, sich der Klangwelt dieser Zeit – und auch Walckers – anzunähern, was sowohl in Hinblick auf die Disposition als auch in Bezug auf die Intonation einen gewissen Freiraum zulässt.
In technischer Hinsicht ist die neue Orgel als mechanisches, sehr modernes und zeitgemäßes Instrument konzipiert. Sie bietet mit einem modernen Setzersystem und den entsprechenden elektrischen Spielhilfen alle technischen Möglichkeiten, damit die Organistinnen und Organisten das klangliche Potential der Orgel auch tatsächlich ausschöpfen können.

Inzwischen haben Sie nach den Wünschen und Vorgaben der Denkmalbehörden und der Orgelkommission auch bereits einen Prospektentwurf vorgelegt. Man kann sich also immer besser vorstellen, wie die Katharina aussehen wird und wie sie sich ins Gesamtbild der Schlosskirchen-Architektur einfügt. War es schwierig, die gewünschte Optik mit den technischen Notwendigkeiten in Einklang zu bringen? 

Für den Wettbewerb haben wir sowohl einen (sehr) modernen als auch einen historisierenden Entwurf ausgearbeitet. Die Entscheidung ist dann von der Kommission, wenig überraschend und für diese Situation ganz in unserem Sinn, zugunsten des historisierenden Entwurfs getroffen worden. Die zukünftige Orgel wird sich demnach sehr stark am früheren Vorbild orientieren, was unserer Meinung nach zu einem sehr stimmigen Erscheinungsbild führen wird.
Der Bezug der Orgelfassade zum Inneren und zur Technik der Orgel spielt in diesem konkreten Fall eine eher untergeordnete Rolle, da der sichtbare Teil, der so genannte Orgelprospekt, im Verhältnis zur physischen Größe des Instruments relativ gering ist.   

Die Orgel sieht nun historisch aus. Wie modern ist die Technik, die sich hinter dieser Fassade verbirgt?

Die Technik ist die des 21. Jahrhunderts! Von der Mechanik bis hin zu den elektrischen Spielhilfen.
Wie es sich für eine neue, moderne Orgel gehört.

Wie viele Mitarbeiter:innen ihrer Firma waren allein an der Konzeption der Königin-Katharina-Orgel beteiligt? Und wie viele kommen beim Bau noch hinzu? 

Drei Personen waren bislang in die Ausarbeitung der Konzeption und der Wettbewerbsdokumente involviert. Für die nun folgende Umsetzung werden es aber natürlich wesentlich mehr sein. In Summe sicherlich zwischen 30 bis 35 Personen. Das ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass wir – ausgenommen dem elektrischen Gebläse – alle Teile der Orgel in unserer Werkstatt in Vorarlberg selber fertigen. Nebst sämtlichen Holz- und Orgelbau-Arbeiten stellen wir auch alle Metall- und Zungenpfeifen selber her; ja selbst die elektrische ‚Setzeranlage‘ ist eine Entwicklung aus unserem Hause.

Mal abgesehen von unserer Katharina: Die Liste Ihrer Orgelbauprojekte ist beeindruckend – und umfasst Instrumente in vielen Ländern dieser Erde, von Finnland bis China. Welche Orgel war die bislang schwierigste Aufgabe für Ihre Firma?

In der Tat durften wir in den vergangenen 180 Jahren – so lange gibt es uns bereits – eine stattliche Anzahl an neuen Orgeln auf allen Kontinenten dieser Erde bauen, aber auch viele schöne historische Orgeln restaurieren. Dabei waren und sind die Herausforderungen vielfältig. Mal sind es besondere akustische Gegebenheiten, die den Intonateuren alles abverlangen, mal sind es besondere architektonische Voraussetzungen, die spezielle Lösungen erfordern. Am meisten ‚zu schaffen‘ machen uns aber stets unsere eigenen Ideen, die uns immer wieder an unsere Grenzen bringen. (lacht)
Die spannendsten Instrumente sind aber immer die, an denen man gerade arbeitet. Natürlich gibt es einzelne Orgeln, die einem besonders am Herzen liegen. Das hat aber nicht nur mit den eigentlichen Instrumenten zu tun, sondern oft auch mit Erlebnissen und Erinnerungen an Menschen, die man während eines solchen Projekts kennenlernt, ... mit denen man arbeitet, ... und die einem ein Stück des (Lebens-)Wegs begleiten.   

Und jetzt eine Frage, die alle Stuttgarter Orgelfans ganz besonders interessiert: Bis wann, schätzen Sie, wird die Katharina fertig sein? 

Das liegt nicht zuletzt daran, wie schnell die nötigen baulichen Maßnahmen in der Schlosskapelle umgesetzt werden können. Von unserer Seite aus kann ‚die Katharina‘ hoffentlich Weihnachten 2025 mit den Stuttgarter Orgelfans zusammen feiern oder sie wird bald nach dem Jahreswechsel im Frühjahr 2026 fertig!